Was bedeutet eigentlich Entschleunigung?
Entschleunigung bedeutet, die Geschwindigkeit in unserem Leben etwas zu drosseln und uns auf die Menschen, die uns umgeben zu achten. Entschleunigung lässt uns zu uns selbst finden und baut Stress in unserem Leben ab. Wenn wir genau darüber nachdenken, haben wir alle eine mehr oder weniger lange Liste an Alltagsaktivitäten, die wir täglich erledigen möchten, damit unser Leben „reibungslos“ verläuft. Diese Punkte beinhalten auch das Aufstehen, frühstücken, die Fahrt zur Arbeit, Duschen, Post holen, Ablage erledigen, einkaufen, kochen, putzen, abwaschen, Wäsche aufhängen, Kleidung einräumen, Sport, Verabredungen – und noch unendlich vieles mehr!
Meist tragen wir nicht nur für uns selbst, sondern auch für andere Menschen Verantwortung und müssen ein Teil dieser Aufgaben auch für andere erledigen.
Durch Entschleunigung denken wir also an weniger Dinge, aber dafür auch wesentlich langsamer und bewusster.
Warum kann Entschleunigung im Alltag und im Leben so schwerfallen?
Das liegt an mehreren Gründen. Genau wie der Dry January bedeutet eine Entschleunigung für viele Menschen eine Veränderung im Leben. Veränderungen benötigen Zeit und auch hier gilt: Das Tempo ist bei jedem anders. Wenn wir unter Stress stehen, blenden wir viele Dinge einfach aus – unter anderem auch unseren eigenen Stresspegel. Das ist der Grund, wieso viele Menschen nicht bemerken, wie „schnell“ sie wirklich unterwegs sind. Sie sprinten einfach weiter, ohne zu merken, dass sie rennen, anstatt zu gehen und kommen dadurch auch nicht auf die Idee, ihr Leben zu entschleunigen. Zudem kann es Menschen geben, die unbedingt entschleunigen wollen, sich aber davor fürchten, im Anschluss, in Arbeit zu versinken – schließlich bleiben Aufgaben offen, wenn sie nicht erledigt werden.
Hinzu kommt, dass es unzählige Möglichkeiten gibt, zu entschleunigen und deswegen wissen viele zu Beginn nicht so recht, wie eine solche Entschleunigung im Alltag aussehen könnte.
Folgende Schritte kann man gehen, um herauszufinden, wie man entschleunigt durchs Leben gehen kann:
Innehalten
Ein Wort mit einer starken Bedeutung.
Sich für Entschleunigung zu interessieren, ist der erste Schritt in Richtung eines entschleunigten Alltags. Für die Entschleunigung ist wichtig, immer wieder innezuhalten und zu überprüfen, wie es einem geht. Es ist gewissermaßen der Blick auf unseren eigenen Kompass und auf unseren Tacho.
Stimmt die Richtung noch? Sind wir zu schnell unterwegs?
Um diese Fragen beantworten zu können, hilft eine Art Tagebuch. Oder noch besser: eine tägliche Geschwindigkeitskontrolle.
Wie schnell waren wir heute unterwegs auf einer Skala von 1 bis 10?
Waren wir mit 240km/h auf der Überholspur (10) oder ganz bei uns, entspannt auf dem rechten Fahrstreifen (1)?
Auf diese Art und Weise können wir uns auch Ziele vornehmen. Beispielsweise: „Ich möchte in den nächsten 30 Tagen an den meisten Tagen eine 5 oder 6 eintragen.“
Stress kann sich auf vielfältige Art und Weise äußern. In Form von Gedanken, Gefühlen oder auch körperlich. Das ist bei jedem unterschiedlich. Vielleicht bemerkst du eine andere Atmung, vielleicht wird dir heiß, du fängst an zu schwitzen, wirst ganz blass oder dein Herzschlag erhöht sich.
Wir neigen auch dazu, unsere innere To-do-Liste immer wieder gedanklich durchzugehen. Welche Gedanken kreisen dann um dich herum? Vielleicht hast du dir dabei auch schon öfter gedacht: „Das schaffe ich nicht!“ Oder: „Ich kann nicht mehr.“ Ein Gefühl der Überforderung überschattet uns dann regelmäßig und das kann zu Stimmungsschwankungen und Gereiztheit führen.
Grenzen einhalten
Um das eigene Leben zu entschleunigen, ist es sinnvoll, sich zu überlegen, wo die eigenen Grenzen liegen. Damit ist das eigene Tempo-Limit gemeint. Das kann schwerfallen, aber ein Versuch ist es immer wert! Wenn wir uns klare Regeln überlegen, die wir sowohl nutzen als auch anderen mitteilen und vor ihnen verteidigen können, stellen wir sicher, in unserem Tempo zu leben.
Beispiele für ein eigenes Tempo-Limit sind:
- Pünktlicher Feierabend
- Regelmäßige Schlafenszeit
- Ausreichender Schlaf
- Limitierte Verabredungen / Freizeitaktivitäten
- Tägliche Auszeit (10/20/30 Minuten etc.), um etwas Gutes für sich selbst zu machen
Wenn du dir deine Limits notiert hast, lege dir fest, welche drei dieser Grenzen du in der nächsten Zeit einhalten möchtest. Vergiss nie, dass es erlaubt ist, diese Grenzen zu überschreiten, wenn diese zu bestimmten Anlässen oder an bestimmten Tagen sinnvoll sind. Sie schützen dich vor der Hektik, die täglich auftaucht. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel.
Prioritäten setzen
Jetzt hast du bereits zwei Schritte kennengelernt, es kann jedoch sein, dass es im Anschluss trotzdem noch nicht so recht mit der Entschleunigung klappen mag. Möglicherweise liegt es daran, dass du einen entschleunigten Lebensstil oder Alltag nicht für umsetzbar hältst oder ihn dir auch nicht so recht zugestehen kannst oder erlaubst. Möglicherweise sind tägliche Überstunden in deinem Job normal und vielleicht hast du grundsätzlich viele Pflichten im Alltag. In diesem Fall scheint dein „Alltag“oder dein Job nur ohne geregelte Pausen zu funktionieren. Es ist mehr als nur verständlich, dass in solchen Fällen, Sorgen bezüglich der Alltagsbewältigung an erster Stelle stehen und du ggf. auch eine mehr oder weniger heftige, innere Unruhe spürst – selbst wenn du in den Momenten gerade durchatmen kannst.
Hier hilft eine vollständige Liste all deiner Tagesaktivitäten, welchen du dann eine gewisse Priorität zuordnen kannst (wichtig / weniger wichtig / essenziell).
Die Idee hinter so einer Liste und Priorisierung ist, dass wir viele Dinge haben, die wichtig sind, aber nicht essenziell – dabei sind die essenziellen Dinge die, auf die es uns in unserem Leben wirklich ankommt. Sie sind im Einklang mit unseren eigenen / persönlichen Werten, die die Richtung in unserem Leben weist.
Beispiel: Für die meisten von uns ist unsere Gesundheit und Zeit mit unserer Familie, unseren Partnern oder Partnerinnen oder unseren Freunden essenziell. Arbeit, Haushalt und Überstunden jedoch „nur wichtig“.
Wenn du das Gefühl hast, zu wenig zu tun, dann nutze deine persönliche Liste der wesentlichen Dinge deines Lebens, um dich zu beruhigen. Wenn du dich um deine essenziellen Dinge gekümmert hast, kannst du dir ganz ordentlich und gepflegt auf die eigene Schulter klopfen, denn das Essenzielle ist das, was für dich zählt.
Auf diese Art und Weise kannst du deinen Alltag Stück für Stück weiter priorisieren. Hier kommt unser Punkt 1 wieder ins Spiel: Regelmäßiges Reflektieren und neu bewerten ist wichtig, um immer wieder einen Schritt weiter gehen zu können. Vielleicht merkst du während dieser Zeit, dass dir manche Dinge doch nicht so „wichtig“ und dafür andere doch essenzieller sind, als du geglaubt hast.
Es kann gut sein, dass du trotz mehr Entschleunigung in deinem Leben nicht sofortige innere Ruhe und Entspannung erlebst und stattdessen öfter mal Langeweile oder innere Leere spürst. An dieser Stelle möchten wir dir sagen: Das ist ganz normal und kann ungemein wichtig für die eigene Persönlichkeitsentwicklung sein. Sich mit unangenehmen oder verwirrenden Gefühlen auseinanderzusetzen und sie zu hinterfragen, können dir im Leben an vielen Stellen weiterhelfen. Ein Gefühl der Leere macht sich nicht breit, weil du entschleunigter lebst – es hat seinen Ursprung in etwas anderem und wurde durch die Entschleunigung nur „freigelegt“.
Trotz vieler Aufgaben in unserem Leben haben wir auch viele Wartezeiten. Vielleicht sind sie uns manchmal nur nicht so ganz bewusst.
Wie oft hast du den Bus oder die Bahn verpasst, standest im Stau oder hast auf eine Verabredung gewartet? Wie oft hast du dann die Zeit dafür genutzt, dich über diese Verspätung oder Verzögerung zu ärgern?
Auch, wenn es jetzt sehr simpel klingt, aber Ärgernis kann und wird in solchen Momenten die Situation nicht ändern. Diese Wartezeiten eignen sich also hervorragend dafür, einmal durchzuatmen. Solche Situationen kannst du für dich nutzen, um in dich hineinzuhorchen, einen kurzen Geschwindigkeitscheck zu machen oder ein paar Entspannungsübungen zu machen.
Die Zeit geht dadurch nicht nur schneller herum, du wirst auch wesentlich entspannter aus dieser kleinen Wartezeit kommen.